Wolfgang Jorzik it's about photography and other things that happen in life

Ein Wochenrückblick

 

Löwenzahn von den Kindern für mich

Löwenzahn von den Kindern für mich

Von Montag an ging es körperlich wieder leicht bergauf. Die vom Onkologen angekündigten drei schlechten Tage (sieben Tage nach der Chemotherapie) lagen hinter mir – von daher kann ich jetzt schon absehen, wann ich wieder schlechte Tage haben werde und wir können alle damit planen. 3. Chemo vom 11.4. bis zum 13. 4. ergibt „bad days“ von Karfreitag bis Ostersonntag – sorry Osterhase. Und dann im Mai das ganze zum vierten Mal, vorausgesetzt alles bleibt im Plan.

Emotional und seelisch hatte die Woche es so richtig in sich: Das längst überfällige Familientestament zu schreiben. Das hätten wir spätestens kurz nach der Geburt der Kinder machen sollen, um wichtige Weichen zu stellen, die so ein Testament regelt – Erbrecht ist übrigens auch nicht so ganz unkompliziert. Damals wäre das bestimmt auch leichter gefallen, aber gerade nach einer Geburt liegt der Gedanke an das andere Ende des Lebens recht fern. Das ist bei uns nun anders und das Testament brachte mich dann auch zu Gedanken über Prognosen der Ärzte zu reflektieren und auch zu recherchieren. Ich schicke voraus, dass ich mich von Statistiken nicht leiten lasse, denn ich bin überzeugt, dass jeder Patient anders ist und jede Krankheit sehr individuell verläuft. Statistiken bündeln zwar und geben den Ärzten und gewiss auch der Pharamindustrie ein Feedback, aber sie machen die Patienten auch gleich und das an Punkten, wo die Unterschiedlichkeit im Kampf gegen jede Krankheit betont werden muss. Was meine Ärzte auch tun. Trotzdem halte ich es bei der Mortalitätsfrage mit Sun Tzu, auch wenn er als Militärstratege in seiner Schrift „Die Kunst des Krieges“ schreibt: “Wenn du dich und den Feind kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten. Wenn du dich selbst kennst, doch nicht den Feind, wirst du für jeden Sieg, den du erringst, eine Niederlage erleiden. Wenn du weder den Feind noch dich selbst kennst, wirst du in jeder Schlacht unterliegen.” 

Und so sehe ich das auch, ich muss wissen, was da kommen kann. War doch auch das diesjährige Karnevalsmotto: Spinkse, watt kütt. Dann habe ich hier und da gelesen und feststellen müssen, dass mein bereits selbst entwickeltes Szenario die Lebenszeit betreffend, recht deutlich nach oben abweicht, weil ich das so will, weil ich die Zeit brauche für die Kinder und meine Frau und weil ich eine zunehmend längere Liste von schönen Dingen schreibe, für die mehr als ein paar Monate nötig sind. Von daher habe ich mich mit dieser Prognose-Diskrepanz der Statistiken und meinem Plan beschäftigt. Ich halte an meinem Plan fest. Punkt. Dabei zu realisieren, dass es anders kommen könnte, ist ungemein wichtig für mich, denn das hilft, noch stärker als bisher Prioritäten zu setzen, ganz wichtige Vorhaben nicht länger aufzuschieben, negativen Stress gänzlich zu vermeiden, den Alltagswidrigkeiten noch gelassener gegenüberzustehen und im Rahmen meiner momentan noch limitierten Kräfte jeden Tag neu zu erfinden. Diese Beschäftigungen brachten und bringen mich (endlich) immer wieder zum Weinen, was ich wiederum als sehr hilfreich und befreiend erlebe. Dabei ist es nicht der Tod oder das Sterben, das mich zu Tränen bringt, es ist hauptsächlich die Vorstellung, irgendwann nicht mehr für die Familie da zu sein und als gesunder Egoist habe ich auch dann und wann einen kleinen Anflug von Selbstmitleid.

Die Zwillinge pflücken mir fast jeden Tag Blümchen.

Die Zwillinge pflücken mir fast jeden Tag Blümchen.

Die warmen Nachmittage in der letzten Woche habe ich zum Teil im Garten sitzend verbracht – großes Kino! Ein wenig fotografiert, morgens früh und am Abend geschrieben und gelesen – von daher blicke ich zufrieden auf die letzten Tage. 

06.04.14

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