++++ 26.05.14 ++++ “Papa sterben verboten“ ++++ Lachend gaben mir die Kinder vor ihrem Weg zum Kindergarten diese klare Botschaft mit ins Krankenhaus, damit der Doktor auch wirklich Bescheid weiß ++++ Vorher hatten wir gemeinschaftlich der Kinder Frage geklärt, ob ich sterbe, wenn ich die Spritze mit Blutverdünner ins Herz steche anstatt in den Bauch ++++ Eine Frage, die ich mir selbst noch nicht gestellt hatte und so erklärte ich, dass ich von so einem Versuch doch lieber Abstand nehmen würde, da mir die manchmal blaugefassten Bauchstechlöchlein reichen würden ++++ Für die Kinder war dann das ganze Thema für diesen Moment durch ++++ Ich bleibe allerdings bei meiner Beobachtung, dass die Do-it-Yourself-Fertigspritzen dickere Nadeln haben als die Aufziehspritzen im Krankenhaus, die wie geschmiert in die Bauchdecke dringen ++++ Ein Pfleger bestätigte dies ++++ Seit ein paar Stunden werde ich mit Cisplatin tropfenweise betankt ++++ Erfahrungsgemäß sollte mich das heute, morgen und übermorgen völlig unbeeindruckt lassen, daran sollte die erwartete Etoposid-Gabe auch nichts ändern ++++ Danach rechne ich wieder mit bad days ++++ Bei der heutigen Aufnahme ins Krankenhaus repitierte ich eine lange Liste von bemerkten und erinnerten Nebenwirkungen (die unbemerkten und vergessenen würden mich auch interessieren) ++++ Taube Zehen und Fingerspitzen, verstärkter Tremor in den Händen, extrem ledrige und trockene Haut, schlechte Hörleistung, Kurzatmigkeit und hohe Pulsfrequenz bei Anstrengungen, leichter Schwindel und Rauschen im Kopf wie nach dem stundenlangen Konsum schlechter Fernsehsendungen, ein sporadisch auftauchender mysteriöser Wärmepunkt links neben der Wirbelsäule, Konzentrationsschwächen, ausgeprägte Müdigkeit auch tagsüber, Appetitlosigkeit, Ekel vor Lebensmitteln, das Gewicht der Welt lastete schwerer oder „et ärme Dier“ klopfte häufiger an ++++ Vieles davon war vergangene Woche weg ++++ aufgelöst in Luft und Wohlgefallen ++++ In weiten Teilen fühlte ich mich weniger eingeschränkt ++++ Verbrachte genussvoll (vorgezogen) zum 19. Hochzeitstag mit Louisa Zeit an der Reviera ++++ ok, an der Rodenkirchener ++++ Samstag mit der Familie beim Sommerfest des Kindergartens ++++ Sorgenfreie Tage ++++ Heute ins Krankenhaus, um mich, so sagten Louisa und ich, wieder vergiften zu lassen (der Arzt lachte mit uns) ++++ Und erneut versicherte er, dass sich alle aufgezählten Nebenwirkungen mit der Zahl der Chemotherapien noch verstärken könnten ++++